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Ein Mission Statement ist eine einfache Aussage, die die drei folgenden Fragen für eine Marke beantwortet:

  • Wer ist das Kernpublikum?
  • Was wird publiziert?
  • Was hat das Publikum davon?

In seinem Buch Epic Content Marketing gibt Joe Pulizzi folgendes Beispiel:

Beispiel inc.com

Welcome to Inc.com, the place where entrepreneurs and business owners can find useful information, advice, insights, resources and inspiration for running and growing their businesses.

Das Mission Statement von inc.com beantwortet die drei Fragen klar und eindeutig:

  • Wer ist das Kernpublikum? Unternehmer und Firmeninhaber!
  • Was wird publiziert? Nützliche Informationen, Ratschläge, Erkenntnisse, Arbeitsmaterialien und Inspirierendes!
  • Was hat das Publikum davon? Leserinnen und Leser erhalten wichtige Inputs dazu, wie sie ihr Geschäftsmodell positiv weiterentwickeln können (growing their business).

Der eine Satz sagt nicht alles. Es verschweigt zum Beispiel, dass sich inc.com besonders an Startups richtet. In seiner Kürze und Unvollständigkeit liegt aber auch die besondere Stärke des Statements: Es ist schnell erfassbar und bleibt leichter in Erinnerung.

Warum ist ein Mission Statement wichtig?

  • Das Mission Statement macht nach aussen klar, warum eine Marke für Konsumenten relevant ist. Es zeigt einem unbefangenen Besucher, warum er seine Zeit darauf verwenden sollte, sich näher mit den Inhalten einer Marke zu befassen. In seiner besten Form dient das Mission Statement also auch als nach aussen gerichteter Werbe-Claim.
  • Nach innen funktioniert das Mission Statement wie ein Filter: Weil es ganz klar definiert, an wen sich Inhalte richten, was sie behandeln und wie Lesende davon profitieren sollen, fungiert das Mission Statement als redaktionsinterne Messlatte: Es bestimmt, welche Inhalte passen, und welche am Publikum vorbeigehen oder zu wenig Nutzen bieten.
  • Es ist der Grundpfeiler einer Content-Strategie: Das Mission Statement bringt die Ziele der Nutzer (zum Beispiel: “Wachstum meines Unternehmens”) in Übereinstimmung mit den Zielen des kommunizierenden Unternehmens (zum Beispiel: “Eine treue Fangemeinde aufbauen, um so spezifischere Anzeigen-Werbung verkaufen zu können”).

Wie schreibt man ein Mission Statement?

  1. Man beantworte die drei Fragen: In einem ersten Schritt werden mehr Antworten auftauchen, als verwertbar sind. Das Publikum kann immer weiter aufgesplittet, die Inhalte immer feiner kategorisiert und die Gotchas des Publikums immer weiter ausgebaut werden. Vollständigkeit ist nicht das Ziel. In erster Linie muss ein Mission Statement als Arbeitsinstrument und Claim funktionieren. Es muss also gute, für das Unternehmen vorteilhafte, von schlechten, für das Unternehmen nur Kosten generierende Inhalte unterscheiden können. Und: Es muss zeigen, dass wie die Inhalte eines Unternehmens fürs Publikum relevant sind.
  2. Man schreibe über Dinge, über die man etwas weiss: Die publizierten Inhalte sollten zu dem passen, was das Publikum weiterbringt. Dieser Leitsatz ist aber nicht um jeden Preis zu verfolgen. Produziert ein Unternehmen Inhalte zu Themen in denen es sich nicht auskennt, läuft es Gefahr unglaubwürdig zu werden.
  3. Man stelle die Bedürfnisse des Publikums in die Manege: Die Versuchung ist gross bei Inhalten die eigenen Lösungen, die firmeneigenen Qualitäten und Stärken in den Vordergrund zu stellen. Nur: Das interessiert niemanden. Die Leserin interessiert sich primär für sich und ihre Bedürfnisse. Diese – und nicht die Angebote der Firma – müssen also ins Scheinwerferlicht rücken.
  4. Man verbreite das fertige Mission Statement: Das Mission Statement bleibt ein Papiertiger hinter tausend Stäben, solange man es nicht in die Welt entlässt. Es muss öffentlich verfügbar, für Mitarbeitende und Partnerfirmen leicht zu finden sein, und für ein externes Publikum leicht verständlich bleiben.

Your sweet spot is the intersection betweeen your customers’ pain points and where you have the most authoritiy with your stories. (Joe Pulizzi)

Mein Mission Statement entsteht

v0: Guten Tag, mein Name ist Hannes Tscherrig. Ich plane, texte und optimiere Inhalte für Internauten.

Die Version des Mission Statements, bevor ich von Mission Statements gelesen hatte. Es wird nicht klar, warum Hannes Tscherrig relevant für Besucher sein sollte. Auch unklar bleibt, was auf der Seite geboten wird, und wie Nutzende davon profitieren.

v1: Hannes Tscherrig zeigt Menschen, die Inhalte für Webpages entwickeln, wie sie ihre Arbeit leichter, besser oder effizienter machen können.

Am Anfang steht die Marke statt der Besuchenden. Dadurch entsteht der Eindruck des universalen Heilsbringers, was unglaubwürdig ist. Es bleibt ausserdem unklar, was auf der Seite geboten wird. Es wird verständlich, inwiefern ‘Menschen’ von den gebotenen Inhalten profitieren können.

v2: Leute, die an Web-Inhalten arbeiten, finden auf tschannes.ch Beiträge, welche zeigen, wie sie ihre Jobs leichter, besser oder effizienter machen können.

Hier wird klarer, wer das Publikum ist und es steht von Anfang an im Mittelpunkt. Diese Version ist aber sprachlich unschön und zentriert das eigene Produkt noch immer stark. Was genau Web-Inhalte sind, ist vielleicht auch nicht allen klar. Deshalb: Papierkorb.

v3: Content-Schaffende, Inhaltsverantwortliche, Web-Redakteurinnen und Noch-nicht-Redakteure finden auf tschannes.ch Inputs dazu, wie sie ihren Job leichter, besser oder effizienter machen können.

Version Drei definiert das Publikum zwar sehr exakt, bürdet damit aber Lesenden mehr Arbeit auf, als verträglich scheint.

v4: Guten Tag. Mein Name ist Hannes Tscherrig. Diese Seite ist für Menschen, die Inhalte für Webpages machen. Sie zeigt, wie digitales Schaffen besser einfacher oder effizienter geht.

Des Statements vierter Streich ist zwar sachlich korrekt (Kernpublikum definiert, Nutzen definiert), vergisst aber anzudeuten, was denn publiziert wird. Ausserdem steht die Marke (Hannes Tscherrig) viel zu prominent am Anfang und der Gesprächston wirkt noch gebrochen.

v5: Guten Tag! Schaffen Sie Inhalte für Webpages? Hier finden Sie Hilfsmittel, die Ihre Arbeit besser, einfacher oder effizienter machen.

Version fünf ist das aktuell geltende Mission Statement. Es definiert das Publikum implizit (wer die rhetorische Frage mit ‘ja’ beantworten könnte, gehört dazu), es definiert die Inhalte als ‘Hilfsmittel’ und präzisiert den Nutzen der Seite als Verbesserungen im Workflow von Inhaltsschaffenden.

Die Version ist nicht perfekt. Der Konversationston und die hohe Informationsdichte machen sie aber gut genug für die interne und externe Anwendung.

Ein Mission Statement zu entwickeln bedarf einiger Introspektion. Die Arbeit lohnt sich aber spätenstens bei der nächsten Redaktionssitzung. Wenn es nämlich zu entscheiden gilt, welcher Inhalt die Kluft zwischen Kundeninteressen und Firmenagenda am besten überbrückt, ist ein solides Mission Statement unbezahlbar.

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