4 Minuten zum Lesen

Neulich hat mir ein Kollege einen Text vorgelegt mit der Frage, was ich denn davon halten täte.

Ich habe gelesen und bin immer wieder gestolpert. Viele Texte wären besser, wenn Gelegenheits-Autoren die folgenden sechs Punkte berücksichtigen würden.

1. Don’t use them big words (or use them super sparingly)

Wir sind alle schuldig im Sinne der Anklage: Wenn Schreibende sich hinter grossen Wörtern – oft sind es sexy klingende Buzzwords – verstecken, dann leidet der Text. Warum?

Grosse Wörter sind oft genau deswegen populär, weil jeder hineininterpretieren kann, was ihr oder ihm gerade behagt. Das ist natürlich nicht ideal für klare, schnell verständliche Texte, die Botschaften an den Leser bringen.

Suchen Sie also in Ihren Texten nach Modebegriffen wie “Innovation”, “Agilität” oder “Big Data”. Aber auch Wörter, die Abstraktes bezeichnen, wie “Liebe”, “Hass”, “Motivation”, “Wertschätzung” bergen Gefahren.

Versuchen Sie Buzzwords und Abstraktionen zu ersetzen. Beschreiben Sie, was Sie mit Innovation meinen oder was Wertschätzung für Sie bedeutet. Es wird schwierig sein. Aber nur schon der Umstand, dass Sie sich damit auseinandersetzen, wird zu einem besseren Text führen.

2. Cut back on adjectives.

Adjektive. Seit jeher finden sich die hübschen, scheinbar unabkömmlichen, die eigentliche Aussage manchmal bis zur Unkenntlichkeit dekorierenden Sandwichwörter im Fadenkreuz professioneller Texter. Und das mit gutem Grund.

Seit jeher finden sich Adjektive im Fadenkreuz von Textprofis. Mit gutem Grund.

Denn nicht selten machen sie Texte länger, ohne dabei Botschaften besser zu transportieren, sie klarer und einfacher verständlich zu machen.

Die Lösung ist simpel: Streichen Sie Adjektive. Lesen Sie Ihren Text noch einmal. Wie wirken Ihre Zeilen jetzt? Meist geht nicht viel verloren. Oder: Sätze lesen sich plötzlich viel besser. Probieren Sie es aus.

3. Repetitions are powerful. Use them with intent.

Sie kennen wahrscheinlich die cineastische Binsenwahrheit: Wenn etwas ganz gross gezeigt wird, ist es wichtig. Ähnlich verhält es sich mit Wiederholungen in Texten.

Was wiederholt wird, ist wichtig.

Wiederholen Sie also bewusst. Oder umgekehrt: Suchen Sie in Ihrem Text nach Wiederholungen, die Sie so gar nicht geplant haben. Häufige Sündenböcke: Bindewörter wie “und”, “auch”, “aber”. Wenn Sie sich verdächtigen einen Begriff zu oft zu gebrauchen, suchen Sie in Ihrem Text danach.

Löschen Sie alle Wiederholungen, egal ob Wortwiederholungen, Alliterationen, (die Wiederholung von Buchstaben), Anaphern, (die Wiederholung von Satzanfängen) usw. Die einzige Ausnahme: Wenn Sie mit diesen Wiederholungen auf einen wichtigen Aspekt in Ihrem Text hinweisen wollen, müssen sie bleiben.

4. Write Spoken Word Copy.

Schreiben Sie so, wie Sie reden.

Das klingt simpel, ist aber oft extrem schwer. Viele Nicht-Profis schreiben nämlich so, wie sie denken, dass man wohl schreiben müsse. Oft kommt dabei ein ganz und gar unbekömmliches Geschwurbel heraus.

Immer stärker werden Texte auch multimedial eingesetzt. Plötzlich wird aus dem Artikel ein Video-Skript: Damit dieser Übergang vom geschriebenen Text zum mündlichen Vortrag funktionieren kann, empfiehlt es sich, von Anfang an für gut sprechbare Texte zu sorgen.

Wenn eine Tastatur oder ein weisses Blatt Papier Sie also in den Geschwurbel-Modus versetzen, gibt es nur eine Lösung. Tragen Sie Ihren Text laut vor – oder noch besser, lassen Sie ihn vortragen – und notieren Sie sich die Stolperstellen.

Hier müssen Sie ansetzen, wenn Sie Ihren Text einfacher und besser verständlich machen wollen.

5. Embrace Rules (and break them with intent)

Dieser Punkt versteht sich von selbst. Müsste man meinen. Oft disqualifizieren sich Schreibende nicht unbedingt durch Ihre Texte, sondern durch mangelhaft umgesetzte Formalitäten:

  • Grammar: Halten Sie sich an die grammatikalischen Grundregeln. Brechen Sie diese Regeln nur, um gezielt Effekte zu erzielen.

  • Formatting: Formatierung hilft beim Lesen. Setzen Sie also Titel, Untertitel, nutzen Sie Absätze, Aufzählungen, strukturieren Sie mit Formatierungen. Aber übertreiben Sie es nicht. Wenn Sie mehr als zwei Schriftfamilien in Ihrem Text einsetzen, Titel den Rest des Textes verdrängen und Übersicht fehlt, dann sollten Sie nochmal über die Bücher.

  • Paragraphs: Nutzen. Sie. Absätze. Nach dem Satz ist der Absatz wohl das wichtigste Strukturmerkmal in einem deutschen Text. Mit einem Absatzwechsel markieren Sie, dass ein Gedanke fertig ist und der nächste beginnt. Nutzen Sie dies, um dem Leser das Lesen einfacher zu machen.

  • Sentence structure: Die deutsche Satzstruktur ist sehr flexibel. Sehr flexibel ist sie. Sogar manchmal: Sehr flexibel, sie ist. Nutzen Sie diese Flexibilität zum Vorteil Ihres Lesers. Meine Faustregel: Trenne nichts, was zusammengehört. Und: Nutze die exotischeren Kombinationsmöglichkeiten nur, um bestimmte Aussagen zu unterstreichen.

  • Rhythm: Abwechslung. Mischen Sie kurze und lange Sätze. Wechseln Sie zwischen langen und kurzen Absätzen. Kürzestwörter und Langwortwurmkreationen? Sie haben es in den Fingerspitzen. Wenn Sie beim Vortrag Ihres Textes in monotones Gemurmel verfallen, sollten Sie für mehr Abwechslung sorgen.

6. Show. Don’t tell.

Dieser Leitsatz zum guten Schreiben geht auf Ernest Hemingway zurück. Er war der Meinung, dass es viel effizienter ist, Dinge zu zeigen, als sie zu erklären.

Natürlich hat sich Hemingway aufs Erzählen von Geschichten bezogen. Die Faustregel gilt aber für viele Textsorten. Hier ein Beispiel für den Erklärmodus:

Ihr wurde klar, dass sie eine Zigarette brauchte. Sie war seit Jahren Kettenraucherin. Aufhören ging heute nicht.

Und diesselbe Szene im Zeig-Modus:

Die Finger zittern schon wieder. Der Blick beginnt vom Monitor durch das Arbeitszimmer zu schweifen. Füsse wippen, schneller werdend. Schliesslich steht sie auf, geht in die Küche. Suchend tastet sie über die Schränke. Sie öffnet hier eine Tür, dort eine Schublade, greift sich mit den Händen ins Haar, zögert einen Augenblick. Dann reisst sie die Besteckschublade mit einem Ruck auf, dass alles klappert. Dort ist sie, die letzte Packung.

  • Wir beschreiben und erklären also nicht, sondern erzählen.
  • Und: Wir zeigen konkrete Dinge, die es dem Leser ermöglichen, sich selber ein Bild von der Situation zu machen. Dies zwingt den Leser aktiv zu interpretieren, was ihn ins Geschehen zieht und den Lerneffekt vergrössert.

What about you?

Wie machen Sie Texte klarer, einfacher verständlich? Wie formulieren Sie Botschaften, so dass sie ankommen?

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